Offenbar wurde von Bürgerinnen und Bürger das „in den nächsten Tagen“ überlesen, denn derzeit sind in keinen von uns angefragten Städten und Gemeinden die von der Landesregierung öffentlich angekündigten Masken vorhanden. Regio-Journal fragte bei mehreren Städten und Gemeinden an, wie viele Masken an die entsprechenden Kommunen geliefert wurden, welche Anzahl jede Person erhält und wie die Verteilung organisiert werde.
Aus allen Kommunen, die bisher geantwortet haben, lässt sich ein düsteres Bild abzeichnen: Bisher wurden von der Landesregierung keine Masken geliefert. Die Städte und Gemeinden stimmen sich derzeit mit der Landesregierung ab.
Wie auch die Verteilung erledigt werden soll, ist derzeit nicht bekannt. Offenbar müssen die Kommunen ein eigenes Konzept erarbeiten. Und offenbar müssen die Kommunen, die seit Wochen auch am Wochenende mit Krisenstäben und Ordnungsämtern im Einsatz sind, die Verteilung auch am Wochenende organisieren.
Mehrere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister äußerten sich derweil kritisch. Die Rathäuser vor Ort wussten offenbar nicht, dass die Verteilung über die Kommunen stattfinden soll.
Landeshauptstadt von Entscheidung überrascht
Auf Regio-Journal-Nachfrage nach Verfügbarkeit und Informationskette sagte uns der Pressesprecher der Stadt Saarbrücken um 15:22 Uhr: „Wir haben aus den Medien erfahren, dass das Gesundheitsministerium in den kommenden Tagen über die Kommunen kostenlos Masken zur Verfügung stellen wird und die Kommunen die Verteilung organisieren sollen. Diese kurzfristige Entscheidung hat uns überrascht. Die Masken liegen uns bislang noch nicht vor, wir haben auch noch keine detaillierten Infos darüber, wann und wo sie angeliefert werden sollen. Wir prüfen zurzeit aber bereits unter Hochdruck Möglichkeiten, wie eine Verteilung an die Menschen sinnvoll gestaltet werden könnte. Die Landeshauptstadt ist die Untere Katastrophenschutzbehörde für den Regionalverband. In dieser Funktion erörtern wir diese Frage zur Stunde zudem mit den Bürgermeistern im Regionalverband. Sobald wir Konkretes sagen können, werden wir informieren.“
Auch andere Verwaltungen äußerten sich deutlich:
So sagte die Kreisstadt Homburg beispielsweise: „Derzeit hat die Stadtverwaltung Homburg noch keine Exemplare des Mund-Nasen-Schutzes erhalten. Daher bittet die Stadtverwaltung auch dringend darum, nicht zum Rathaus zu kommen, um dort nach Masken oder dem Mund-Nasen-Schutz zu fragen. Auch telefonische Rückfragen können derzeit nicht beantwortet werden, da der Stadtverwaltung aktuell keine näheren Informationen vorliegen.“
Sebastian Greiber, Bürgermeister der Gemeinde Wadgassen sagt: „So sinnvoll eine kostenfreie Verteilung der Masken auch ist, aber so kann das nicht gehen! Mal wieder erfahren die Bürgermeister aus der Presse, was man sich in dieser Krise in Saarbrücken ausgedacht hat. Keine Info, keine Abstimmung mit den Kommunen – nichts! Bereits jetzt kommen zig Anfragen von vielen Bürgern bei uns an, wann man am Montag seine Masken im Rathaus abholen kann, weil ab Montag ja die Maskenpflicht besteht. Das frage ich mich übrigens auch!“
Die Gemeinde Überherrn äußerte sich ebenfalls: „Leider wurde diese Vorgehensweise ohne Beteiligung der Kommunen beschlossen, sodass uns zum aktuellen Zeitpunkt keine näheren Informationen zum Ablauf der Maskenausgabe vorliegen“, erklärt Bürgermeisterin Anne Yliniva-Hoffmann.
Hauptamtsleiterin Dagmar Zang ergänzt: „Wir werden nun versuchen, so gut wie möglich, auf das Angebot reagieren zu können und eine möglichst kontaktfreie Ausgabe der Masken zu organisieren.“. Man werde über die Social-Media-Kanäle der Gemeinde nähere Informationen bekannt geben. Bis dahin können sich, so heißt es in der Stellungnahme weiter, Bürgerinnen und Bürger mit einem Schal als Behelfsmundschutz schützen.
Friedrichsthals Bürgermeister Rolf Schultheis sagte: „Als wesentliche Ergänzung zur Maskenpflicht ab Montag den 27.04.2020 in den Geschäften und im ÖPNV hat das Land gestern Abend verkündet der saarländischen Bevölkerung Masken zur Verfügung zu stellen, welche über die Kommunen verteilt werden sollen. Darüber stimmen sich Land und Kommunen noch ab. Sobald die Masken vor Ort sind und die Verteilung losgehen kann, informieren wir sie über die Presse und auf unserer Internetseite wie die Verteilung erfolgen wird. Vielen Dank für Ihr Verständnis.„
Auch aus anderen Städten und Gemeinden wurden uns – nicht zitierfähig – die gleichen Probleme geschildert: Keine Information, keine Masken, von der Entscheidung überrascht.
Innenministerium reagiert um 17:12 Uhr
Um 17:12 Uhr wurde uns vom Innenministerium folgende Antwort übermittelt: „Im Auftrag der Landesregierung haben sich Innenminister Klaus Bouillon und Verbraucherschutzminister Reinhold Jost um die schnellstmögliche Beschaffung einer ausreichenden Menge an Mund-Nasen-Schutzmasken für alle Saarländerinnen und Saarländer bemüht. Diese werden ab Montag in allen saarländischen Städten und Gemeinden zur Verfügung gestellt. Es ist angedacht, am Montag insgesamt 5 Millionen Masken als Starterpaket für die Bürgerinnen und Bürger zur Verfügung zu stellen. Die Verteilung der Masken erfolgt in Eigenverantwortung der Kommunen, die mit eigenem Personal und gegebenenfalls freiwilligen Hilfskräften und Organisationen die Verteilung übernehmen und hierbei auf praktische Lösungen setzen. Die zur Verfügung gestellten Masken können mehrfach benutzt werden. Die genaue Handhabung und weitere wichtige Informationen zu Hygienemaßnahmen in Zusammenhang mit dem Tragen der Masken werden ebenfalls allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung gestellt.„
>>> Die vollständige Pressemeldung im Wortlaut <<<
Verbraucherschützer fordern Masken für alle
Unabhängig von dem offenbar massiven Kommunikationsproblem zwischen der saarländischen Landesregierung und den Städten und Gemeinden forderte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands, Klaus Müller, Masken für die gesamte Bevölkerung: “Entscheidend ist, dass alle Menschen versorgt werden, also auch die, die es sich nicht leisten können. Grundbedingung ist, dass Mund-Nasen-Masken in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen.“
Es müsse klar sein, “woher die Masken, die getragen werden sollen, kommen und dass sie ohne Warteschlangen in ganz Deutschland verfügbar sind”. Weiterhin verurteilte Müller die überhöhten Preise für Masken. “Das Geschäft mit der Angst ist in jeder Hinsicht verwerflich.” Der Bundesverband der Verbraucherzentralen habe deshalb bislang zehn Abmahnungen gegen Geschäftsleute ausgesprochen. Es dürfe “keinen Wucher mit Mangelware geben”, sagte Müller. Der Verbraucherzentralen-Chef kritisierte zudem die unterschiedliche Handhabung der Maskenpflicht in den verschiedenen Bundesländern: “Eine einheitliche Regelung für ganz Deutschland würde das Leben vereinfachen.” Grundsätzlich müssten Verbraucher nun darüber aufgeklärt werden, dass ein “gravierender Unterschied zwischen Alltagsmasken
und medizinischen Schutzmasken besteht”, so Müller. Dennoch könne auch eine einfache Mund-Nase-Bedeckung zumindest dazu beitragen, den Tröpfchenauswurf beim Atmen oder Husten zu reduzieren. Es müsse aber auch deutlich kommuniziert werden, “dass trotzdem Handhygiene und Abstandsregeln unabdingbar bleiben”, sagte der VZBV-Chef.
Bäumchen Wechsel dich in der Landesregierung
In den saarländischen Leitmedien ist über diese Misskommunikation wenig bis gar nichts zu lesen. Lediglich im „Saartext“ findet sich der Hinweis, dass offenbar fünf Millionen Masken bestellt wurden, von denen etwa die „Hälfte“ geliefert wurde. Diese sollen offenbar bis Sonntag verteilt werden.
Weshalb uns auf Nachfrage am Montag von der Staatskanzlei mitgeteilt wurde, dass es „zukünftig eine Pflicht geben kann, falls es weitere Lockerungen geben wird“, dann jedoch weniger als 2 Tage später eine Pflicht zum Tragen einer Maske verkündet wird, ist fraglich.
Damit wurden zwei Tage verschenkt, an denen sich die Bürgerinnen und Bürger mit Mund-Nasen-Bedeckungen hätten ausstatten können.
Unabhängig von den vom Land bereitgestellten Masken können Baumwollmasken in Apotheken, Onlineshops oder kleinen Nähgeschäften erworben werden. Auch in den sozialen Medien finden sich zahlreiche Gemeinschaftsprojekte, die Masken für einen kleinen Unkostenbeitrag anfertigen.
Keine kostenlosen Masken in Rheinland-Pfalz
Auf Regio-Journal-Nachfrage bei der Staatskanzlei Rheinland-Pfalz wurde uns mitgeteilt, dass sich Ministerpräsident Malu Dreyer sowie der nierdersächsische Ministerpräsident Stephan Weil für einen gemeinsamen Weg stark gemacht haben, nachdem einige Bundesländer, entgegen des Bund / Länderbeschlusses vom 15. April, in dieser Woche eine Maskenpflicht erlassen haben.
Kostenlose Masken für die „Pfälzer“ gibt es hingegen nicht: „Die Bürger in Rheinland-Pfalz sind für die Anschaffung der Masken selbst verantwortlich. Das Land stellt nur den Schülerinnen und Schülern zum Schulstart ein „Starterpaket“ mit einer einfachen Mund-Nasen-Maske zur Verfügung.„