„In den vergangenen Jahren gab es zwar eine positive Beschäftigungsentwicklung, diese brachte jedoch nicht unbedingt nur Verbesserungen für die saarländischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen. So sind nach wie vor ein Viertel der saarländischen Arbeitnehmer prekär beschäftigt“, kritisiert Thomas Otto, Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer, anlässlich der Vorstellung der AK-Fakten Beschäftigung 2019.
Zwar sei die Zahl normalbeschäftigter Frauen 2019 überdurchschnittlich gestiegen, aber prekäre Beschäftigung sei mit 70 Prozent immer noch in erster Linie ein Problem weiblicher Beschäftigter. In Folge der Schwäche des Verarbeitenden Gewerbes im Saarland und der zunehmenden Beschäftigung im Dienstleistungsbereich sind auch zunehmend mehr Männer von atypischen Beschäftigungsverhältnissen betroffen.
„Zurückzuführen ist dies unter anderem auf die geringere Tarifbindung in den Dienstleistungsbereichen“, erklärt Otto. „Gute Arbeit mit ordentlichen Arbeitsbedingungen und fairer Entlohnung können am besten über tarifvertragliche Regelungen gesichert werden. Da nur noch 57 Prozent der saarländischen Beschäftigten in Betrieben mit Tarifbindung arbeiten, muss die Tarifbindung nochmals gestärkt werden. Hier ist auch die Politik gefordert“, mahnt Otto.
Zudem zeigen die AK-Fakten angesichts der Eintrübung am saarländischen Arbeitsmarkt eine Polarisierung des Arbeitsmarktgeschehens auf: „Auf der einen Seite steigt die Zahl der Arbeitslosen nochmals an, auf der anderen Seite bleibt die Nachfrage nach Arbeitskräften trotz der sinkenden Zahl offener Stellen aber hoch. Allerdings gibt es hier Passungsprobleme, so dass Betriebe ihre offenen Stellen nicht unmittelbar mit Fachkräften besetzten können“, so Otto weiter. Um solchen Matching-Problemen zu begegnen, wird berufliche Weiterbildung in ihren unterschiedlichen Formen ein zentraler Schlüssel sein. „Auch und insbesondere vor dem Hintergrund des Strukturwandels der Saarwirtschaft wird deutlich, dass erhebliche Qualifizierungs- und Weiterbildungsanstrengungen erforderlich sind“, so Otto.
Deshalb muss die nationale Weiterbildungsstrategie der Bundesregierung genutzt werden, um das Saarland als vom Strukturwandel betroffene Region systematisch zu unterstützen. „Das Saarland muss Modellregion werden, in der Weiterbildung als präventives Instrument im Strukturwandel etabliert wird“, fordert Otto.
Und auch in den Unternehmen muss ein Umdenken in Sachen Weiterbildung stattfinden. „Die saarländischen Betriebe und Dienststellen sind von einer vorausschauenden und systematischen Weiterbildungsstrategie noch weit entfernt“, betont Otto. Besonders An- und Ungelernte drohen im Zuge von Digitalisierung und Industrie 4.0 so den Anschluss zu verlieren. „Qualifizierung und Weiterbildung müssen dringend zu einem zentralen Handlungsfeld einer vorausschauenden Personalpolitik werden“, fordert Otto.