Die Bundesregierung plant ihren nächsten Streich: Bundeskanzlerin Angela Merkel wird die Bundesländer voraussichtlich in der kommenden Woche teilentmachten. Ab einer Inzidenz von 100 sollen Geschäfte weitgehend geschlossen, Kontaktreduzierungen auch im privaten Bereich durchgesetzt und selbst nächtliche Ausgangssperren verhängt werden.
Doch welchen Nutzen haben insbesondere solch gravierende Grundrechtseingriffe wie Ausgangssperren?
Was bringen Ausgangsperren?
Andere Länder, beispielsweise die Niederlande, Frankreich, aber auch die Türkei, Marokko und Tunesien nutzen das „Werkzeug“ Ausgangssperre.
Auch in Spanien galt häufig eine harte Beschränkung der Bewegungsfreiheit.
Begründet wird zumeist, dass Infektionen im „Privaten Bereich“ entstünden und daher mit einer Ausgangssperre bekämpft werden könnten.
Die Studienlage ist zur Frage, wie wirksam Ausgangssperren tatsächlich sind, uneins. Eine Studie von Forschern an britischen Universitäten beispielsweise berichten, dass „eine nächtliche Ausgangssperre positive Auswirkungen auf den R-Wert haben KÖNNEN“. So KÖNNTE der R-Wert um 13 Prozent gesenkt werden.
Kombiniert werden müssen nach den Autoren jedoch weitere Maßnahmen, wie beispielsweise die Beschränkung von privaten Treffen, Gastronomieschließungen etc.
Die Studie ist derzeit noch eine Preprint-Studie, also eine nicht von Fachkollegen begutachtete Studie.
Ähnliche Erfahrungen hat beispielsweise auch Kanada gemacht. Seit Anfang Januar gilt in der Provinz Quebec eine nächtliche Ausgangssperre. Dort habe sich nach einer weiteren Preprint-Studie die Mobilität im Vergleich zur Nachbarprovinz ohne Ausgangssperre um 31 Prozent reduziert.
Übrigens wurden dort auch bei Verstößen massive Geldstrafen von bis zu 5000 Euro eingeführt.
Die Universität Stanford hingegen kommt in ihrer Studie zu dem Fazit, dass die Schließung von Geschäften und Ausgangsperren Anfang 2020 nicht eindeutig positiv auf das Infektionsgeschehen gewirkt habe. Vielmehr sei durch eine freiwillige Verhaltensänderung der Menschen ein Effekt erzielt worden. Dieser habe sich durch strengere Maßnahmen nicht eindeutig steigern lassen.
Kaum Studien aus Deutschland
In Deutschland gibt es derzeit kaum belastbare Studien zu der Frage, wie wirksam Ausgangssperren sind. Es gibt Stimmen, die die Wirkung von Ausgangssperren bestätigen, so beispielsweise Prof. Schütte, Präsident des Zuse Institute Berlin. Er schränkt beispielsweise ein, dass die Wirkung schnell nachlasse, da man sich zu anderen Tageszeiten treffen würde.
Andere Professoren kommen zu dem Ergebnis, dass ein Lockdown schneller wirke als Ausgangssperren, diese müssten länger in Kraft sein, um ihre Wirkung zu entfalten.
Wie sieht es in Frankreich aus?
In Frankreich gelten seit vielen Wochen Ausgangssperren, mal ab 20 Uhr, mal ab 19 und mal ab 18 Uhr.
Die Wissenschaft ist sich ob der Wirkung uneinig. So haben Wissenschaftler in Toulouse herausgefunden, dass die Ausgangssperren einen negativen Effekt haben könnten: Ab 20 Uhr verringerte sich die Verbreitung des Virus, nach einer Vorverlegung auf 18 Uhr verschlechterte sich die Lage. Über die Gründe hierfür, wurde spekuliert.
Auf der anderen Seite sprechen sich Forscher des französischen Instituts für Gesundheit grundsätzlich für eine Ausgangssperre aus.
Gnisa: „ich bin fassungslos!“
Aus Sicht der Justiz ist das Vorgehen in der nun geplanten Änderung des Infektionsschutzgesetz offenbar nicht unumstritten. So sagt Jens Gnisa, Richter und Ex-Vorsitzender des Deutschen Richterbundes, dass er fassungslos über die Pläne der Bundesregierung sei.
Gnisa sagt in seinem Facebook-Beitag: „Man sieht mich selten fassungslos. Aber nun ist es so weit. Der Bund schießt deutlich über alle Verhältnismäßigkeitsgrenzen hinaus. Nur auf die Inzidenz abzustellen ist bei derartig drastischen Maßnahmen willkürlich, weil die reine Inzidenz davon abhängt wie viel getestet wird. Dies ist manipulierbar. Ab einer Inzidenz von 100 nächtliche Ausgangssperren zu verhängen, obwohl von Gerichten deren Wirksamkeit angezweifelt wurde, ist eine Nichtachtung der Justiz. Eltern ab einer Inzidenz von 100 zu verbieten ihre Kinder zu treffen entspricht für mich auch nicht dem Bild des Grundgesetzes.
Das ist auch nicht der Brückenlockdown von 2 oder 3 Wochen der diskutiert wird, sondern ein nicht mehr einzufangender Dauerlockdown.
Ich möchte daher alle bitten: schreiben Sie Ihrem Bundestagsabgeordneten und appellieren Sie an ihn, diesem Gesetz in dieser Form nicht zuzustimmen! Nur auf die Inzidenz abzustellen ist untauglich.“
Gnisa legte heute noch einmal am heutigen Tag noch einmal nach und ergänzte seinen Kommentar. Er sei nicht gegen einen „Lockdown als solches, soweit er bei einem Infektionsgeschehen erforderlich sei“. Man habe mit den aktuellen Plan jedoch eine Art „Autopilot“ ohne Eingriffsmöglichkeit geschaffen: „Dieses Gesetz führt aber zu einem kaum noch steuerbaren Dauerzustand. Unsere Gesellschaft wird gewissermaßen auf Autopilot gestellt. Kein Bürgermeister, kein Landrat, kein Ministerpräsident, kein Landtag nicht einmal ein Verwaltungsgericht kann mehr korrigierend eingreifen. Wenn das nicht gewollt ist könnte man dieses Gesetz zumindest auf 2 oder 3 Monate befristen.“
Fazit
Ob nächtliche Ausgangssperren einen wirklich nachhaltigen Effekt auf die pandemische Lage hat, darf angezweifelt werden.
Ob diese Maßnahme verhältnismäßig und juristisch unantastbar ist, ist die nächste Frage. Während die Politik gerne die „Wirksamkeit“ ihrer Maßnahmen herausheben möchte, gibt es mindestens die gleiche Anzahl an Kritiker. In Kombination mit weiteren Maßnahmen scheint ein positiver Effekt durch nächtliche Ausgangssperren vorhanden zu sein, als alleine Maßnahme hingegen erscheinen Ausgangssperren maßlos und überschätzt.