Im ARD-Talk von Anne Will hat Bundeskanzlerin Angela Merkel die Umsetzung der Corona-Maßnahmen der Länder kritisiert.
Merkel fordert, dass beim nächsten Zusammentreffen der Ministerpräsidenten klar sein müsse, dass das Ziel nur „gemeinsame Ergebnisse“ sein können.
Sie war den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten vor, teilweise ein „falsches Denken“ zu haben: „Wir wissen, dass das Kanzleramt streng ist, dann können wir ein bisschen lockerer an die Sache rangehen“, so die Kanzlerin. Merkel kritisierte weiter, dass das Virus „noch immer unterschätzt“ werde.
Auch die Zielsetzung der Länder, dass Schnelltests zu Lockerungen führen, kritisierte die Kanzlerin. „Ich halte Testen und Bummeln aber nicht für die richtige Antwort“, so Merkel.
Sie plädierte darauf, die Beschlüsse der Corona-Notbremse rigoros umsetzen. Sollten sich Länder dagegen verwehren, müsste der Bund durch das Infektionsschutzgesetz intervenieren. „Ich werde jedenfalls nicht zuschauen, dass wir 100 000 Infizierte haben“, sagte Merkel weiter.
Merkel schlingerte: „Also nochmal: Wir müssen mit einer großen Ernsthaftigkeit die geeigneten Maßnahmen jetzt umsetzen. Einige Bundesländer tun das, andere tun das noch nicht. Und wenn das nicht der Fall ist in sehr absehbarer Zeit, dann muss ich überlegen – das ist mein Amtseid, das ist meine Verantwortung – wie kann man das auch bundeseinheitlich… ich denke noch nach, das ist nicht entschieden, aber eine Überlegung ist, das Infektionsschutzgesetz nochmal anzupacken„.
Generell sprach sich Merkel (CDU) für eine Ausgangsbeschränkung aus und auch mit der Tests in Unternehmen war Merkel unzufrieden. Dies werde sie noch einige Tage bewerten. Sollte sie dann noch nicht zufrieden sein, werde sie darüber nachdenken, die Arbeitsschutzverordnung anzupassen. Dann würden Tests von Mitarbeitern in Unternehmen verpflichtend festgelegt.
Auch das Saarland bekommt eine Watsch´n
Mit Blick auf die geplanten Öffnungsschritte einiger Bundesländer, zeigte sich die Bundeskanzlerin unzufrieden. Auch das Saarland kommt dabei nicht gut weg. Die Infektionszahlen seien im Saarland nicht stabil. Ministerpräsident Tobias Hans habe eine „sehr gewagte Ankündigung“ gegeben, über die die „nicht so glücklich“ sei. Aktuell sei nicht die Zeit, „so etwas ins Auge zu fassen“.
Aber auch eine selektive Auslegung der Corona-Notbremse ist nicht nach Merkels Wunsch. Auf die Frage, ob sie sich die Umsetzung der Notbremse so vorgestellt habe, wie sie nun Armin Laschet (CDU) in Nordrhein-Westfalen interpretiert, antwortete Merkel mit „Nein“. Zwar sei die Notbremse auch auf Kreise anwendbar. „Aber bei einer Inzidenz von 100 gibt es keinen Spielraum.“ Verstößt Laschet also gegen die von ihm selbst mitgetragenen Beschlüsse? „Ja“, antwortet Merkel, nachdem Will weiterbohrt. „Aber da ist er nicht der einzige. (…) Das erfüllt mich nicht mit Freude.“
Impfstoff: „Im Großen und Ganzen“ nichts schiefgelaufen
Im Februar schockierte die Kanzlerin mit der Aussage, dass bei der Impfstoffbeschaffung im „Großen und Ganzen“ nichts schiefgelaufen sei. Anne Will fragte, ob die Kanzlerin dies immer noch denkt. „Ja“, sagte die Kanzlerin.
Man habe nicht wie andere Länder, wie beispielsweise die USA und Großbritannien, auf Exportverbote gesetzt. „Israel impft mit Impfdosen der Europäischen Union“, sagt sie. Andere Staaten hätten hier einen anderen Weg eingeschlagen als die EU. Merkel unterstütze daher auch den Kurs von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, über Exportbeschränkungen nachzudenken. „Wir haben ohnehin keine Ruhe vor der Pandemie, bevor nicht alle Länder der Welt geimpft sind“. Daher sei es nur begrenzt nützlich, „auf sich selbst zu blicken“, so die Kanzlerin.
Merkel im Angriffsmodus
Das Interview glich in vielerlei Hinsicht einem Rundumschlag. Die Kanzlerin drohte, sie argumentierte, kritisierte und warb für die Maßnahmen. Offensichtlich reicht der „interne“ Druck nicht mehr aus, weswegen Merkel die Öffentlichkeit sucht.
Resolut schoss sie auch gegen eigene Parteikollegen wie Laschet und Hans. Merkel machte deutlich: „Da, wo jetzt der Eindruck erzeugt wird, wir können noch irgendwas öffnen – das ist im Augenblick nicht das Gebot der Stunde“. Und das will sie, wenn nötig, auch gegen den Willen der Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten durchsetzen.