In einer eilig einberufenen Pressekonferenz des bayrischen Gesundheitsministeriums wurde das Ausmaß der Panne deutlich: Die Medienvertreter hatten nicht einmal zwei Stunden zur Anreise Zeit. Melanie Huml (CSU) startete sofort mit der Hiobsbotschaft: Von insgesamt 60.000 Reiserückkehrern, die sich überwiegend an den Autobahnen in Bayern freiwillig haben testen lassen, haben ca. 44.000 Menschen immer noch kein Testergebnis erhalten. Besonders dramatisch: Darunter sind ca. 900 Personen, die positiv getestet wurden, aber nichts davon wissen und andere Menschen infizieren können.
Huml sparte nicht mit Kritik: Es ärgere sie „massiv“, sie „bedauere das sehr“ und es gebe „nichts schönzureden“.
Ob Proben verloren gegangen sein könnten? Huml: „Wir haben bisher keine Kenntnis, ob Proben verloren gegangen sind.„
Huml versprach, man werde „eine Nachtschicht“ einlegen, um die Ergebnisse bis Donnerstag, spätestens zur Mittagszeit, an die Personen zu übermitteln.
Der Grund für die Verzögerungen lag laut der Gesundheitsministerin nicht darin, dass die Labore die Ergebnisse nicht liefern konnten, sondern darin, dass die Testdaten bis vor Kurzem händisch in Excel-Tabellen eingetragen werden mussten.
Auch durch Aufstockung des Personals sei es nicht gelungen, die Abläufe zu beschleunigen. „“aber die Zahl der Tests ist immer größer geworden, mit jedem Tag“, so Huml.
An den Flughäfen sollen die Tests reibungsloser ablaufen, heißt es aus dem Gesundheitsministerium in Bayern.
Huml war sichtlich geknickt, heißt es aus Bayern. Und auch Andreas Zapf, der Leiter des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) sitzt bedröppelt auf der Pressekonferenz: „Das bedauern wir sehr„, spricht von einer „Panne„.
Doch bemerkenswert ehrlich die Schlussfolgerung: „Wir haben alle zusammen sicherlich den Fehler gemacht, dass die Zahl der Tests, die dort gemacht wurden, unterschätzt worden ist.“ Man habe „wesentlich mehr Tests abgenommen, wie wir gedacht haben„, sagt Zapf.
Söder blamiert sich
Eines wird bei dieser Panne deutlich: Söder ist auf der Pressekonferenz nicht zugegen. Doch er war es, der sich und seine Staatsregierung gerühmt hat, dass Bayern das einzige Bundesland in Deutschland ist, die diese kostenlosen Tests an der Grenze anbietet. Er sprach von einem „Service für ganz Deutschland“.
Wie schnell so etwas nach hinten losgehen kann, hat auch er jetzt zu spüren bekommen. Söder überlies die unangenehme Arbeit der Gesundheitsministerin. Mehrere Stunden nach der Pressekonferenz meldet sich Söder per Twitter: Der Vorfall sei „sehr, sehr ärgerlich“ und spricht ebenfalls von einem „Fehler, der nicht mehr passieren dürfe“.
Dann sagt er noch seinen Besuch an der Nordsee ab und schreibt: „Bayern geht vor“. Weshalb Söder seine Ministerien, die ansonsten hervorragende Arbeit leisten, derart alleine stehen lässt, bleibt sein Geheimnis. Doch deutlich wurde: Er hatte nicht den Mut, sich der Öffentlichkeit in diesem kritischen Moment zu stellen. Im Gegenteil: Kein Wort der Entschuldigung. Dafür die übliche „Södersche Selbstinszenierung“: Der anpackende Krisenmanger der alle Steine umdrehen möchte.
Dies hat aber bereits seine Gesundheitsministerin zuvor bestätigt: Zukünftig, so verspricht die Gesundheitsministerin, sollen die Getesteten innerhalb von 48 Stunden ihr Ergebnis erhalten. Die Daten werden nicht mehr händisch erfasst, sondern vollelektronisch.
Kritik von FDP
Kritik kommt auch aus den anderen Parteien.
„Herr Söder ist monatelang sehr breitbeinig aufgetreten. Hat anderen Ministerpräsidenten gesagt, was sie zu tun haben. Jetzt sollte er sich bei diesen 900 Menschen entschuldigen“, sagte Kuhle in der Sendung „Frühstart“ von RTL und n-tv.
Offensichtlich habe sich Bayern mit seiner Teststrategie verhoben. „Und es gibt ein eklatantes Regierungsversagen der Staatsregierung in München.“ Grund für die Verzögerungen sind nach Angaben der zuständigen Behörde unter anderem Probleme bei der manuellen Übertragung von Daten.
Für Kuhle ist das ein weiteres Indiz für die mangelhafte Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. „Die gesamte Coronakrise wirkt wie ein Katalysator für die Defizite, die wir in verschiedenen Bereichen unseres Staatswesens haben“, so der FDP-Politiker. Neben dem Bildungswesen sei eben auch die öffentliche Verwaltung betroffen. Darum forderte der FDP-Politiker: „Wir sollten nach der Coronakrise dringend eine Digitalisierungsoffensive für die öffentliche Verwaltung starten. Damit so etwas nicht noch einmal passiert.“