In Deutschland streiten sich die Gelehrten, Kanzleramtsmitarbeiter, Bundeskanzlerin und Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten über den richtigen Weg in der Corona-Pandemie.
Bayern Zar Markus Söder beispielsweise fordert, da er seit Monaten sein Bundesland nicht in den Griff bekommt, Ausgangsperren und Lockdowns für das Bundesgebiet.
Angeblich plant die Bundeskanzlerin gar, die Ministerpräsidenten zu entmachten und über den Bundestag einen bundeseinheitlichen Lockdown durchzusetzen.
Die viel wichtigere Frage hingegen wäre, herauszufinden, wo sich besonders viele Menschen infizieren und dort gezielte Maßnahmen einzuleiten – dies wäre auch im Sinne der aktuellen Rechtsprechung, die beispielsweise in Hannover die Ausgangssperre als unwirksam und unbegründet aufgehoben hat, oder die Berliner Gerichte, die die 40qm Regel – nach übrigens auch dem Saarländischen OVG, gekippt hat.
Um die Frage nach der Wirksamkeit von Maßnahmen klären, oder zumindest besser zu beleuchten, haben 19 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus drei Ländern die Verläufe der Repdroduktionswerte (R-Wert) von Ländern mit unterschiedlichen Maßnahmenpaketen statistisch ausgewertet.
So konnten sie den Effekt einzelner Maßnahmen schätzen. Die Datenbasis stammt hierbei aus 7 nichteuropäischen und 34 europäischen Ländern, darunter auch die Schweiz. Die Daten stammen aus dem Zeitraum Januar bis Mai 2020.
Publiziert wurde die Studie im Fachmagazin Science.
Die Ergebnisse
Die 19 Wissenschaftler kommen demnach zum Ergebnis, dass Versammlungsverbote mit mehr als zehn Personen die wirksamste Waffe im Kampf gegen die Verbreitung der Pandemie darstellte.
Im Median reduzierte sich der R-Wert hierdurch um 42 Prozent. Herausgestellt wurde, dass diese Maßnahme auch aufgrund des gewählten Zeitraums besonders wirksam gewesen sein könnte, da fast alle Zusammenkünfte zu dieser Zeit in geschlossenen Räumen stattfanden.
Ebenfalls sehr wirksam seien die Schließung von Schulen und Universitäten ( -38 Prozent) sowie die Untersagung von Veranstaltungen mit mehr als 100 Personen ( -34 Prozent).
Die Schließung von Restaurants, Bars und Clubs wurde nach den Studienergebnissen mit wenig Erfolg gewertet: Nur 18 Prozent sei der R-Wert hierdurch gesenkt worden.
Und Ausgangssperren hätten sich gar nur mit 13 Prozent rückläufigem R-Wert bemerkbar gemacht.
Die Forscher kommen zum Schluss, dass die Kombination aus Maßnahmen wie dem Verbot von Ansammlungen „über zehn Personen“, einer Schulschließung sowie der Schließung von Restaurants und Bars dazu führe, den R-Wert unter die Wachstumsrate von R1 zu drücken. Nur ein Verbot der Versammlung von mehr als 10 Personen und die Schließung von Geschäften reiche hingegen nach den Studienergebnissen nicht.
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Das sagt das RKI
In seinen regelmäßigen Lageberichten äußert sich das Robert-Koch-Institut zur Art Herkunft der Infektionen. So schreibt das RKI in seinem Bericht vom 6.4.2021 beispielsweise: „In den meisten Kreisen handelt es sich zumeist um ein diffuses Geschehen, mit zahlreichen Häufungen vor allem in Privathaushalten im beruflichen Umfeld sowie in Kindergärten“.
In einigen Landkreisen sei auch „ein konkreter größerer Ausbruch als Ursache“ bekannt. Viele „kleinere Ausbrüche tragen nach wie vor zur hohen Inzidenz bei“, so der RKI weiter.
Auch in Bezug auf Ausbrüche und Übertragungen in Schulen äußert sich das Robert-Koch-Institut: „Aktuell scheint sich die Rolle von Kindern und Jugendlichen bei der Ausbreitung von SARS-CoV-2 zu ändern. Die Meldeinzidenzen stiegen vor Ostern bei Kindern und Jugendlichen in allen Altersgruppen an. Dies zeigte sich besonders frühzeitig in der Altersgruppe 0-5 Jahre und betraf auch die Daten zu Ausbrüchen in Kitas, die sehr rasch anstiegen und über den Werten von Ende letzten Jahres liegen. Eine ähnliche Entwicklung deutet sich mit zeitlicher Verzögerung (aufgrund der erst kürzlich erfolgten Öffnung) auch für die Schulen an. Auch hier zeigt sich der Anstieg zuerst in der jüngsten Altersgruppe von 6-10 Jahren. Bei dieser Entwicklung spielt die Ausbreitung leichter übertragbaren, besorgniserregenden Varianten (VOCs; insbesondere B.1.1.7) nach den uns vorliegenden Hinweisen eine Rolle“.
Laut RKI kann jedoch ein großer Teil der Infektionen nicht genau zugeordnet werden. So schreibt es im besagten Lagebericht erst: „Nur ein kleiner Teil der insgesamt gemeldeten COVID-19 Fälle kann einem Ausbruch zugeordnet werden, damit fehlen für eine Vielzahl der Fälle Informationen zur Infektionsquelle“, um dann in seiner Risikobewertung weiter unten im Dokument doch klar festzustellen, wo die Infektionen herstammen: „Die anhaltende Viruszirkulation in der Bevölkerung (Community Transmission) mit zahlreichen Ausbrüchen in Privathaushalten, Kitas und zunehmend auch in Schulen sowie dem beruflichen Umfeld erfordert die konsequente Umsetzung kontaktreduzierender Maßnahmen und Schutzmaßnahmen sowie massive Anstrengungen zur Eindämmung von Ausbrüchen und Infektionsketten“.
Quelle: RKI Lagebericht 06.04.2021