„Die bereits Anfang der Woche beschlossene Verordnung zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Saarland wird aufgrund der stark angestiegenen Infektionszahlen am Montag nicht wie geplant in Kraft treten, die in Aussicht gestellten Lockerungen über die Weihnachtsfeiertage werden nicht wie geplant umgesetzt“, teilte die Staatskanzlei am späten Abend mit.
„Stattdessen wird die bisher gültige Verordnung voraussichtlich übergangsweise für 72 Stunden verlängert, bis die Ergebnisse der anstehenden Bund-Länder-Beratungen am Sonntag entsprechend in die neue Verordnung eingearbeitet werden können“, so die Landesregierung weiter.
Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans äußerte sich besorgt: „Das Infektionsgeschehen und die Lage in den Krankenhäusern geben Anlass zur Sorge. Dennoch müssen wir einen klaren Kopf bewahren: Alleingänge einzelner Bundesländer bringen uns in dieser Situation nicht weiter, wir brauchen den bundesweiten Schulterschluss und einheitliche Maßnahmen, um die Situation wieder in den Griff zu bekommen“.
Ursprünglich sollten die derzeitigen Kontaktbeschränkungen über die Weihnachtsfeiertage gelockert werden. Diese beschlossenen Lockerungen treten nun nicht in Kraft, heißt es in der am späten Abend versandten Stellungnahme der Staatskanzlei.
Ziel ist es, durch die 72-stündige Verlängerung der aktuellen Regelung die Ergebnisse der am Sonntag tagenden Bund-Länder-Konferenz einfließen zu lassen.
Ausweitung des Testkonzepts für Senioren- und Pflegeheime
Um Cluster noch schneller zu erkennen, werden die Testmaßnahmen in Pflegeheimen verschärft. Die Staatskanzlei teilte hierzu mit: „Die Heimaufsicht wird beauftragt die jeweiligen erstellten Testkonzepte vor Ort zu überprüfen und bei Verstößen entsprechende Sanktionen zu verhängen. Ab einer landesweiten Inzidenz von 150 werden die flächendeckenden Tests in den Pflegeeinrichtungen zweimal die Woche durchgeführt. Die landesweite Testkapazität soll zudem erhöht werden.„
Nicht notwendige Eingriffe in Krankenhäusern verschieben
Um eine Überlastung des Gesundheitswesens zu verhindern, sollen nicht dringend notwendige Eingriffe in den Krankenhäusern verschoben werden. Dazu ist ein mehrstufiges System vorgesehen.
Dies soll in mehreren Abstufungen geschehen:
- Stufe 1: Fünf Covid-Schwerpunkt-Krankenhäuser im Saarland werden verpflichtet, verschiebbare Eingriffe abzusagen und Betten freizumachen. Diese fünf Krankenhäuser werden durch das entsprechende Bundesprogramm unterstützt. Das Land wird den Ausfall vorfinanzieren, bis der Bund die in Aussicht gestellten Mittel zur Verfügung stellen wird.
- Stufe 2: Zwei weitere Krankenhäuser werden verpflichtet, verschiebbare Eingriffe abzusagen, um weitere Kapazitäten freihalten zu können.
- Stufe 3: Alle Krankenhäuser im Saarland werden verpflichtet, verschiebbare Eingriffe abzusagen. Dazu wird die Landesregierung ein eigenes Landesprogramm erstellen und damit die Krankenhäuser für die freigehaltenen Krankenhausbetten finanziell entlasten.
Gleichzeitig möchte sich die Landesreigerung auf Bundesebene für finanzielle Entlastungen einsetzen, „um die saarländischen Krankenhäuser zu unterstützen„, so die Staatskanzlei weiter.
Schulbetrieb wird angepasst
Nachdem bereits mehrere Bundesländer den Schulbetrieb aufgrund der Infektionslage angepasst hat, soll dies nun auch im Saarland passieren. „Abhängig von den Ergebnissen der Bund-Länder-Beratungen am Sonntag wird das Konzept für den Schulbetrieb angepasst. Beginnend ab Mittwoch, den 16.12.2020, werden für die verbleibende Zeit bis zu den Ferien in jedem Fall die digitalen und analogen Lernangebote für zuhause bei Sicherstellung der Betreuungsmöglichkeiten ausgeweitet und eine erweiterte Möglichkeit zur Freistellung von SchülerInnen vom Präsenzunterricht geschaffen“, teilte die Staatskanzlei mit.
Die Lehrkräfte sollen „möglichst in Präsenz am Schulstandort“ verbleiben. Schülerinnen und Schüler, die zu Hause nicht über einen geeigneten Arbeitsplatz verfügen, sollen am Schulstandort einen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt bekommen.
Details sollen über das Bildungsministerium an die Schulen weitergeleitet werden.
Der Lockdown wird höchstwahrscheinlich kommen
Eine Lösung ohne Lockdown steht offenbar nicht mehr zur Debatte. Tobias Hans (CDU): „Klar ist jetzt schon, dass Corona unseren Hoffnungen auf ein möglichst unbeschwertes Weihnachtsfest einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und an einem harten Lockdown kein Weg vorbeiführt. Wir müssen konsequent reagieren und dadurch auch eine Perspektive im neuen Jahr schaffen. Das rettet nicht nur Menschenleben, sondern hilft der Wirtschaft mehr als der ewig lähmende Teil-Lockdown„.
Wie lange der Lockdown andauern und ab wann er gelten wird, entscheidet sich auf der Bund-Länder-Konferenz am Sonntag mit Bundeskanzlerin Merkel und den Ministerpräsidenten der Länder. „Über den Zeitraum und die Details werden wir im Sinne der Einheitlichkeit am Sonntag gemeinsam mit den anderen Ländern und dem Bund entscheiden„.
Hans abschließend: „Auch in meiner Brust schlagen gerade zwei Herzen: Als Mensch tut es mir unglaublich weh, dass wir gezwungen sind, die Lockerungen zurückzunehmen und sogar noch nachschärfen müssen. Als politisch Verantwortlicher bleibt mir aber keine Wahl: Der Schutz der Gesundheit ist und bleibt das wichtigste!“
Rehlinger: „Es braucht Klarheit über finanzielle Hilfen!“
Die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) drängt unterdessen auf Bundeshilfen für betroffene Unternehmen: „Es braucht zeitgleich Klarheit der Bundesregierung wie finanzielle Hilfen für die zusätzlich betroffenen Unternehmen vonstatten gehen. Denn all dies wird wirtschaftliche Folgen haben. Jedem muss aber klar sein, dass der größte Schaden für die Wirtschaft von einer außer Kontrolle geratenen Pandemie ausginge.“
Zugleich sieht die SPD-Politikerin die Notwendigkeit, Kapazitäten in Krankenhäusern zu schaffen und insbesondere in Pflegeeinrichtungen bessere Maßnahmen zu ergreifen. Rehlinger abschließend: „Die Kapazitäten der Krankenhäuser müssen schnell erweitert werden, um eine Überlastung zu verhindern. Besonders dramatisch ist die Situation in Pflegeheimen und Einrichtungen, deshalb müssen BewohnerInnen und Beschäftigte deutlich besser getestet und geschützt werden. Die Teststrategie muss daher verpflichtend sein, denn wir sehen, dass sich hier große Cluster bilden können mit vielen Infektionen auf einmal.„