Am Dienstag beraten Bund und Länder über neue, drastischere Maßnahmen, um die Infektionszahlen in den Griff zu bekommen.
Ob neue Maßnahmen – und wenn ja, welche – beschlossen werden, ist unklar. Dennoch prescht der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) in bester „Markus Söder-Manier“ vor, und stößt eine Debatte über Ausgangssperren und Homeoffice an.
„Für die Ministerpräsidentenkonferenz darf es keine Denk- und Diskussionsverbote geben“ sagte er gegenüber der Rheinischen Post und ergänzte: „Dies gilt für das Thema Ausgangssperre, aber auch für die Diskussion um die Arbeit im Homeoffice“.
Für den saarländischen Ministerpräsidenten reicht die Nutzung von „Home-Office“ derzeit nicht aus. Hier habe man immer noch „Nachholbedarf“.
Gleiches gelte auch beim Tragen von FFP2-Masken. „Dadurch schützt man nicht nur andere, sondern auch sich selbst. Deshalb sollten wir als Staat dafür sorgen, dass diese Masken überall und unkompliziert allen Bürgerinnen und Bürgern zur Verfügung stehen“, sagte Hans gegenüber der RP.
Situation in Deutschland
Andere Ministerpräsidenten sehen härtere Maßnahmen ebenfalls als sinnvoll an. Auch wenn der Präsident des Robert-Koch-Instituts selbst, Prof. Lothar Wieler, die aktuell übermittelten Sars-Cov-2-Zahlen für „wenig belastbar“ halte, da noch zahlreiche Nachmeldungen der vergangenen Feiertage eingepflegt würden. Erst in „knapp einer Woche“ seien die Zahlen wieder belastbar, so Wieler am vergangenen Donnerstag.
Der RKI-Chef klar: „Die Fallzahlen haben sich möglicherweise stabilisiert“, sagt Wieler. „Doch das Niveau ist deutlich zu hoch“.
Im Saarland sinkt die 7-Tages-Inzidenz hingegen seit 11. Januar täglich. Auch der R-Wert geht seit Tagen leicht zurück. Dies zeigt sich auch in der Statistik des Robert-Koch-Instituts. Dort wurden am Freitag weiterhin weniger positive Corona-Tests gemeldet als am Vortag sowie in der Vorwoche. Auch hier sinkt der R-Wert leicht unter 1, was auf ein Abflachen der Ausbreitung hinweist. Am Freitag lag der Wert bei 0,99 (Vortag 1,02). Auffällig: Die Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern sind aktuell enorm: Die höchsten Inzidenzen haben Thüringen mit 268,3 und Sachsen mit 255,8. Den niedrigsten Wert hat Bremen mit 80,0.
Auch die viel zitierte Virus-Mutation aus Großbritannien, Brasilien und Afrika wird derzeit für eine Verschärfung der Maßnahmen herangezogen. Laut dem RKI-Chef gibt es dennoch keine Anzeichen, dass das Virus in Deutschland weit verbreitet sei. Dies sollte jedoch nicht als Entwarnung angesehen werden: „Es besteht die Möglichkeit, dass sich die Lage noch verschlimmert“, warnt Wieler. Die britische Mutante sei um cirka 50 Prozent infektiöser als herkömmliche.
Situation in Kliniken
Der RKI-Chef sieht eine leichte Entspannung auf den Intensivstationen. Dies sei „ein schönes Zwischenergebnis“, aber noch nicht dauerhaft belastbar.
Dem stimmt der Präsident der Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) zu: „Wir sehen jetzt die allerersten Anzeichen, dass der Lockdown wirkt. Wir müssen jetzt aber konsequent weitermachen“, so Gernot Marx gegenüber der WAZ. „Es kann gut sein, dass wir noch sehr lange harte Einschränkungen benötigen“.
Die Situation in Kliniken sei weit von „entspannt“ entfernt: „In Ampelfarben gesprochen: In elf von 16 Bundesländern ist die Ampel rot, dort gibt es weniger als 15 Prozent freie Intensivbetten. Entspannt ist etwas anderes“.
Muss der Lockdown dennoch verschärft werden?
Die Frage, ob der Lockdown verschärft werden muss, ist aufgrund der immer noch nicht belastbaren RKI-Zahlen schwer zu beantworten. Es zeichnet sich eine leichte Tendenz ab, dass der aktuelle Lockdown Wirkung entfaltet. Für RKI-Chef Wieler ist „die Mobilität zu hoch“. Er appellierte: „Arbeiten Sie zu Hause, treffen Sie nur wenige Menschen und möglichst immer dieselben“.
Damit ist die Aufgabenstellung klar: Kontakte müssen laut RKI weiter reduziert werden. Im Job, aber auch im Privaten. Ob eine 15 Kilometer-Regel beispielsweise eine ernsthafte Wirkung erzeuge, ist fraglich. Erste Studien zeigen, dass die Mobilität dadurch um gerade mal fünf Prozent gesenkt würden. „Wenn man den Radius verringert, ist der Effekt ungleich höher“, sagt RKI-Epidemiologe Dirk Brockmann.
Dies könnte ein Zeichen für die kommenden Verhandlungen sein – den Bewegungsradius weiter einzuschränken.
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- Tobias Hans Statement: Facebook-Livestream