Die Richter in Mannheim gaben am Donnerstag einem Eilantrag gegen das baden-württembergische Beherbergungsverbot für Gäste aus deutschen Regionen, in denen die Sieben-Tage-Inzidenz von 50 neu gemeldeten Corona-Fällen pro 100.000 Einwohner überschritten wurde, statt. Die Verordnung wurde mit sofortiger Wirkung vorläufig außer Vollzug gesetzt.
Zur Begründung hieß es, dass das Beherbergungsverbot in „unverhältnismäßiger Weise“ in das Grundrecht auf Freizügigkeit eingreife und daher „voraussichtlich verfassungswidrig“ sei. Eingriffszweck und Eingriffsintensität stünden nicht in einem angemessenen Verhältnis zueinander. Auch wenn die Landesregierung mit der Vorschrift Gefahren für das Leben und die körperliche Unversehrtheit einer potenziell großen Zahl von Menschen abwehren wolle, sei nicht dargelegt worden, dass im Zusammenhang mit der Beherbergung ein „besonders hohes Infektionsrisiko“ bestehe, so die Mannheimer Richter weiter. Derzeit seien trotz steigender Fallzahlen in Deutschland keine Ausbruchsgeschehen in Beherbergungsbetrieben bekannt.
Vielmehr sei aktueller „Treiber“ der Pandemie das Feiern in größeren Gruppen oder der Aufenthalt in Bereichen, wo die Abstands- und Hygieneregeln aufgrund räumlicher Enge nicht eingehalten würden. Die Landesregierung sei verpflichtet, „fortlaufend und differenziert“ zu prüfen, ob konkrete Grundrechtseingriffe auch weiterhin zumutbar seien und ob das Gesamtkonzept von Beschränkungen und Lockerungen noch in sich stimmig und tragbar sei, so das Gericht weiter. Es reiche auch nicht, auf die Möglichkeit zu verweisen, negative Corona-Tests vorzulegen, die nicht älter als 48 Stunden seien. Nach derzeitiger Sachlage erscheine es nicht hinreichend gewährleistet, dass ein solcher Test von Reisenden überhaupt so kurzfristig erlangt werden könne.
Schon aus „rein organisatorischer Sicht“ sei fraglich, ob dieses enge Zeitfenster, in dem eine Abstrichentnahme durch medizinisches Fachpersonal, der Transport der Proben ins Labor sowie die Übermittlung des Ergebnisses und schließlich das Erscheinen des Gastes im Beherbergungsbetrieb stattfinden müsse, überhaupt eingehalten werden könne, fügte das Gericht hinzu. Der Beschluss vom Donnerstag ist unanfechtbar (Az. 1 S 3156/20).
Sachsen kippt Beherbergungsverbot, Saarland und Rheinland-Pfalz setzen es ebenfalls aus
Sachsen hett ab Samstag das Beherbergungsverbot für Menschen aus Corona-Risikogebieten auf. Dies kündigte Ministerpräsident Michael Kretschmer am Donnerstag an.
Petra Köpping (SPD), die Landesgesundheitsministerin, ergänzte, dass die Einschränkung ab Samstag aufgehoben wird. Zuvor hatte bereits Saarlands Ministerpräsident Tobias Hans erklärt, dass im Saarland das Beherbergungsverbot aufgehoben wird, da es sich nicht bewährt habe. Zuvor hatte bereits die saarländische Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) ein Ende der Beherbergungsverbote gefordert.
Auch in Rheinland-Pfalz wird das Verbot nicht umgesetzt, wie Ministerpräsidentin Malu Dreyer sagte. Man wolle die Erfahrungen der Herbstferien abwarten. „Reisende die aus Risikogebieten außerhalb der Bundesrepublik einreisen, müssen wie bisher in eine 14-tägige Quarantäne. Die Verpflichtung zur Quarantäne kann durch einen negativen Corona-Test, der höchstens 48 Stunden vor Einreise vorgenommen worden ist, aufgehoben werden. Ein Beherbergungsverbot oder Quarantäne für innerdeutsche Risikogebiete bleibt in Rheinland-Pfalz ausgesetzt“, erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer.