Grund sei die bisherige Weigerung Warschaus, EuGH-Entscheidungen zur Justizreform umzusetzen, teilten die Luxemburger Richter am Mittwoch mit. Das Zwangsgeld ist demnach an die EU-Kommission zu zahlen, bis die Forderungen des Gerichts umgesetzt werden.
Hintergrund ist ein EuGH-Urteil von Mitte Juli. Insbesondere wurde dabei die Disziplinarkammer für Richter kritisiert. Brüssel hatte wegen der Justizreform der polnischen Regierung mehrere Vertragsverletzungsverfahren eröffnet und auch diverse Klagen beim Europäischen Gerichtshof eingereicht.
Täglich eine Million Euro Strafe
Das Urteil des EuGh könnte für Polen teuer werden. Für jeden Tag, an dem die Entscheidungen des höchsten europäischen Gerichts weiter missachtet und nicht umgesetzt wird, soll Polen eine Million Euro Strafe zahlen. Der Richterspruch zielt offenbar hauptsächlich auf die 2018 in Polen eingesetzte Disziplinarkammer ab. Dieses Gremium ist für Disziplinarverfahren gegen Richter zuständig und kann die Immunität der Richter aufheben, ihnen das Gehalt kürzen oder sie sogar suspendieren. Nach Angaben der polnischen Regierung möchte so gegen Korruption vorgehen. Aus Sicht der EU verstößt Polen mit diesem Vorgehen gegen das Prinzip einer unabhängigen Justiz und untergrabe die Gewaltenteilung.
Seit 2019 Verfahren
Bereits im Jahr 2019 leitete die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen ein. 2020 folgte der Richterspruch gegen Polen mit der Forderung, die Disziplinarkammer unverzüglich abzuschaffen. Daraufhin kündigte Polen die Reform der Kammer an. Außerdem wurde die Disziplinarkammer vorerst keine Fälle mehr bearbeiten. Außerdem wolle man der EU Vorschläge unterbreiten, damit die Kammer zukünftig EU-Rechtskonform arbeiten könne.
Entgegen der Aussage tagte die Disziplinarkammer weiter. Außerdem urteilte das polnische Verfassungsgericht, dass EU-Recht „teilweise nicht mit der Verfassung des eigenen Landes vereinbar“ sei. Dann gelte weiter das nationale Recht. In bestimmten Fällen stünde auch EU-Recht nicht über nationalem Recht.
Sanktionsforderungen gegen Polen
In Folge dieser Eskalation forderte die EU-Kommission Finanzstrafen gegen Polen. „Die Justizsysteme in der gesamten Europäischen Union müssen unabhängig und fair sein“, sagte Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen. Diese Forderung griffen die Richter in der Urteilsbegründung zu den Finanzstrafen auf: Polen müsse die Urteile des EU-Gerichts umsetzen, um einen „schweren und nicht wiedergutzumachenden Schaden von der Rechtsordnung der Europäischen Union und der Werte, auf denen diese Union beruhe (…), abzuwenden“.
Polen spricht von Erpressung
Nach dem Urteil sprach die polnische Regierung von Erpressung durch die EU. „Der EuGH verachtet und ignoriert die polnische Verfassung und die Urteile des Verfassungsgerichts komplett“, schrieb Vize-Justizminister Sebastian Kaleta auf Twitter. Das Gericht überschreite mit seinem Urteil eigene Kompetenzen. „Das ist eine weitere Etappe der Operation, die Polen den Einfluss auf seine Staatsform wegnehmen soll. Das ist Usurpation und Erpressung“, so der Vize-Justizminister weiter.