Innenminister Bouillon (CDU) soll folgende Aussage getätigt haben: „Grenzschutz ist Menschenschutz. Jeder abgewiesene Franzose bedeutet ein Stück mehr Sicherheit für die Saarländer“. Dabei ist die genaue Herkunft dieses Zitats ist aktuell weiterhin unklar. Am Abend des 29.04. hat der saarländische Innenminister auf die Vorwürfe reagiert und zeigte sich schockiert. Bouillon bestreitet, den im „heute Journal“ zitierten und im Handelsblatt veröffentlichten Satz jemals gesagt zu haben.
Doch die saarländische Polit-Szene lief den Tag über heiß. So sagte der europapolitische Sprecher der Saarliberalen Francois Simons: „Minister Boullion lässt mit seinen Aussagen den für sein Amt erforderliche Anstand vermissen. Mit den Aussagen im heute journal befeuert er Ressentiments in einer äußerst sensiblen europapolitischen Lage.“
Simons schloss seine Stellungnahme mit den Worten: „Als Minister im europäischsten aller Bundesländer hat Boullion so keinen Platz mehr. Er muss seine Aussagen unverzüglich korrigieren. Ansonsten liegt der Ball bei Tobias Hans, der dann entscheiden muss, dass Boullion so nicht mehr Teil der saarländischen Landesregierung sein kann„.
Auch die Saarbrücker SPD-Bundestagsabgeordnete Josephine Ortleb äußerte sich kritisch: „Die Äußerung des saarländischen Innenministers Klaus Bouillon ist gefährlich für das Saarland. Mit seiner Aussage zerreißt er das deutsch-französische Band der Freundschaft in Fetzen und reißt damit alles ein, was wir historisch mit unseren Nachbarn geschafft haben. Eine solche Rhetorik ist nicht hinzunehmen – sie muss Konsequenzen haben. Ministerpräsident Hans muss Klaus Bouillon als Minister endlich entlassen“
Dass sich Bouillons Kritiker in dieser Sache positionieren ist nachvollziehbar, ob diese harsche Kritik, insbesondere die Rücktrittsforderungen und der Forderung nach Entlassung aufgrund eines nicht belegbaren Zitats rechtfertigen lassen, sei dahingestellt.
Wir konnten das vom ZDF-Moderator verwendete Zitat in einem Artikel im „Handelsblatt“ vom 27.04.2020 recherchieren. Dort ist jedoch keine Quellenangabe zu diesem Zitat vorhanden. Woher es stammt, ist also weiterhin unklar. Klar ist jedoch, dass dieser Artikel sehr kritisch mit den Grenzschließungen und der „Deutsch-Französischen Freundschaft“ umgeht. Ob diese Aussage jemals so gefallen ist, ist unklar. Unsere Anfrage beim Innenministerium ist bisher unbeantwortet.
Das Zitat des ZDF-Moderators im Video
Bouillon bereits länger in Kritik
Unbestritten ist jedoch, dass Bouillon seit längerer Zeit in der Kritik steht. Bereits im März hat er in einem Interview mit blick auf die Flüchtlinge gesagt, es gebe große Unzufriedenheit in der Bevölkerung, weil „jeder, der hier ankommt, sofort viele oder teilweise sogar noch höhere Rechte und Ansprüche auf Leistungen oder ärztliche Versorgung hat als jemand, der ein Leben lang hier arbeitet.“
Hier wurde im „AfD-Populismus“ vorgeworfen.
Außerdem sagte er zum Monatsanfang: „Pro Tag gibt es nach wie vor 500 Zurückweisungen. Ich mag mir nicht vorstellen, was wäre, wenn all diese Menschen zu uns gekommen wären. Ich muss darum bitten, dass die Franzosen sich schützen und auch uns. Was nutzt eine Ausgangssperre, wenn tausende Menschen illegal zu uns kommen wollen“. Auch bei dieser Aussage versuchte man Klaus Bouillon „einen Strick zu drehen“. Dass hier der aufgrund der aktuellen Rechtssituation der „illegale Grenzübertritt“ gemeint war, wird bei der Kritik ausgeblendet.
Jo Leinen, der frühere Europa-Abgeordnete fragte rhetorisch: „wie lange noch darf der saarländische Innenminister Bouillon unsere französischen Nachbarn diskriminieren und beleidigen ? Was er von sich gibt ist unsäglich und passt nicht in die Landesregierung des Saarlandes“
Wiederrum andere forderten den Ministerpräsidenten auf, sich bei den Nachbarn in Frankreich zu entschuldigen.
Dass der „CDU-Haudegen“ und saarländische Innenminister Klaus Bouillon nicht der beste Rhetoriker ist und oft auch ungeschönt, fast schon für Politiker ungewohnt gradlinig seine Meinung äußert, ist hinlänglich bekannt. Ihm deswegen eine Abneigung zu Frankreich anzuhängen, dürfte übertrieben sein – zumindest, so lange solch negative Zitate nicht ausreichend belegt sind.
*UPDATE* Bouillon bezieht Stellung
Am späten Abend bezog der saarländische Innenminister Stellung zu den Vorwürfen. Bouillon zeigte sich überrascht und schockiert. Der Minister sagte wörtlich: „Sie kennen mich als Mann der klaren Worte. Dies war ich schon immer und werde es auch weiterhin sein. Immer im Sinne des Wohles von uns allen.
Die aktuelle Situation ist für niemanden für uns einfach und stellt uns vor große Herausforderungen. Bis vor wenigen Wochen hätte noch niemand zu träumen gewagt, dass einmal so tiefschneidende Eingriffe in die Freiheit von uns allen ergriffen werden müssen. Aber wir müssen uns im Klaren sein, dass wir dies nicht nur für unser eigenes Leben auf uns nehmen, sondern dies auch für unsere Mitmenschen tun, um sie zu schützen.
Bei der Diskussion um Grenzkontrollen in dieser schweren und außergewöhnlichen Situation ging es mir nie um die Wiedererrichtung von Grenzen. Ich bin mehr als glücklich, dass diese Grenzen seit langem nicht mehr bestehen. Es geht in dieser Ausnahmesituation einzig um die Verhinderung der Verbreitung des Virus in einem leider sehr stark betroffenen Gebiet sowie im Saarland. Es handelt sich um eine von mehreren Maßnahmen, die dem Schutz der Menschen diesseits und jenseits der Grenze dient.„
Bouillon führt in seinen Worten weiter aus, dass er mit seinen Worten „nie unsere Freunde aus Frankreich verletzen oder unsere Freundschaft aufs Spiel setzen“ wollte. Bouillon „bedauere es zutiefst, wenn meine Äußerungen in den vergangenen Tagen und Wochen so gedeutet wurden„.
Der saarländische Innenminister weiter: „Im gestrigen heute journal wurde ich sogar mir einem Satz zitiert, den ich so nie gesagt habe. Das hat mich überrascht – und schockiert.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich, auch aufgrund meiner jahrzehntelangen Tätigkeit als Bürgermeister, immer die deutsch-französische Freundschaft gelebt habe. Dies wurde mir mit einem französischen Orden gedankt. Und diese Freundschaft lebe ich auch weiter. Gleichzeitig sehe ich es auch als meine Aufgabe an, uns alle bestmöglich vor dem Coronavirus zu schützen. Deshalb sehe ich es auch derzeit noch für wichtig und richtig an, an den getroffenen Maßnahmen festzuhalten – für die Gesundheit von uns allen. Gehen Sie aber davon aus, dass ich meine und unsere Entscheidungen ständig hinterfrage und sie jeden Tag erneut auf den Prüfstand stelle – so auch in der Frage nach den Grenzkontrollen.
Wir stehen weiterhin vor schwierigen Herausforderungen.
Ich bin aber sicher, dass wir diese gemeinsam meistern werden.
Auch die deutsch-französische Freundschaft wird diese schwere Zeit überstehen. Davon bin ich überzeugt.„
Die Stellungnahme im Wortlaut
Bildquellen
- Klaus Bouillon: Medienpool Saarland.de